» Eine Verbindung theoretischer Inhalte mit praktikablen Arbeitsaufträgen war essentiell. «
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrem Studium an der Studienakademie in Breitenbrunn?
Meine Studienzeit mag wohl am besten mit einem Potpourri verglichen sein. Herausforderungen, neue Eindrücke, spannende und interessante Themen, kurzweilige Überforderung durch digitale Neustrukturierung auf Grund von Coronamaßnahmen und Erfolge in persönlicher und beruflicher Hinsicht. Die Mischung diverser Herausforderung waren die Basis für Erfahrungen, die sowohl mein fachliches Wissen erweiterten und erprobten als auch persönliche Reifeprozesse forderten und formierten. Das duales System der BA Breitenbrunn erwies sich gerade in diesem sozialen Bereich als ein hervorragendes Konstrukt, um praxisnahe Erfahrungen mit theoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen zu verknüpfen. Die unterschiedlichen Lehransätze diverser Dozent*innen und Referent*innen verdeutlichten dabei sinnbildlich die Diversität, mit welcher ich mich auch nach dem Studium auseinandersetzen kann und darf.
Wie ging es nach dem Studium weiter?
Bereits im Frühjahr des letzten Semesters an der BA Breitenbrunn nahm ich an einem Vorstellungsgespräch teil, welches eine Stelle als Leiterin einer Kindertageseinrichtung in städtischer Trägerschaft offerierte. Seit Oktober 2022 ist diese nun durch mich besetzt. Ich arbeite als Leiterin eines Hortes mit einer möglichen Kapazität von 220 Kindern. Trotz großer beruflicher Herausforderungen blieb mir der Wunsch erhalten, nach dem Studium als Dozentin an die BA Breitenbrunn zurückzukehren, was ich mit der Übernahme einiger Lehreinheiten ab Herbst 2023 umsetzen werde. Auf Grundlage von Materialien, welche ich während des Studiums entwickelt hatte, wurden von mir ein Fachbeitrag geschrieben und veröffentlicht.
Wenn Sie Leute fragen, was Sie beruflich machen, was antworten Sie dann?
Grob gesagt bin ich Leiterin einer Kindertageseinrichtung. Das ist für viele zwar ein Begriff, doch was sich hinter dieser Berufsbezeichnung verbirgt, ist vielmehr als nur eine Führungsrolle. Ich arbeite mit Erziehern und Erzieherinnen, bin deren Leitung und somit für ihre Zufriedenheit, Weiterentwicklung und Führung verantwortlich. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Kinder Lebenskompetenzen erhalten und ihnen Erfahrungsräume eröffnet werden, die familien-ergänzend und -unterstützend sind. Das setzt voraus, dass eine intensive Elternarbeit meinerseits in der Einrichtung gefordert und gefördert wird und ich das Prinzip der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in gelebte Pädagogik umsetze. Demzufolge nehme ich Beratungspflichten wahr und evaluiere permanent Bedarfe der Kinder und ihrer Familien, um Anpassungen vorzunehmen. Als Leiterin einer Einrichtung in öffentlicher Trägerschaft versuche ich die Qualitätsansätze des Trägers bestmöglich zum Nutzen der Kinder und Familien umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Welche Aufgaben haben Sie heute bei Ihrer beruflichen Tätigkeit zu bewältigen?
Das Spektrum einer Leitungsposition ist vielfältig. Die Führung eines Teams beinhaltet die Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen, die Förderung einer personenspezifischen Weiterentwicklung durch passgenaue Weiterbildungsangebote, die Begleitung von Praktikant*innen diverser Berufs- und Ausbildungszweige sowie die Umsetzung und Kontrolle dienstrechtlicher Anweisungen. Eine Einrichtung zu führen, inkludiert organisatorische Umsetzung betrieblicher Abläufe (Dienst-, Urlaubs- und Vertretungspläne), die Mitwirkung bei Vertragsgestaltungen und Koordination sowie Delegation verschiedener Aufgabenbereiche. Einen besonderen Bereich bildet dabei auch die Projektumsetzung und -betreuung. Eine betriebswirtschaftliche Verwaltung wird meinerseits in Form von Material-beschaffung, Überwachung von Budgets und deren Einteilung und der Sicherung der Anlagen umgesetzt. Des Weiteren ist die Zusammenarbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigen ein Grundpfeiler meiner Arbeit. Mit meinem Team verfolge ich dabei das Ziel, Kinder bestmöglich in ihrer individuellen Entwicklung zu unterstützen und zu fördern. Dies fordert die stetige Auseinandersetzung mit kindlichen Bedürfnissen, Beratungsangebote für Eltern und Erziehungsberechtigte zu kreieren und zukunftsorientiert eine stetige Anpassung der in der Einrichtung gelebten Pädagogik vorzunehmen und entsprechend die Konzeption anzupassen. Somit ist das Qualitätsmanagement in meiner Verantwortung als leitende Fachkraft der Einrichtung und Ausgangspunkt für sämtliche Veränderungsprozesse. Die gelebte Kooperation zu Behörden und Institutionen (Grundschule, Jugendamt, örtliche Einrichtungen der Jugendhilfe) bietet dabei ein unverzichtbares Netzwerk.
Gab es in Ihren Leben Menschen, die Sie, auf Ihre berufliche Laufbahn bezogen, besonders geprägt haben?
Die gab es durchaus. Bereits vor meinem Studium war es mir ein Bedürfnis mit Menschen zusammen-zuarbeiten und gemeinsam mit Ihnen etwas für andere Menschen zu bewirken. Um die Personen aufzuzählen, die meine Entscheidung Soziale Arbeit zu studieren beeinflusst haben, würden diese Zeilen wohl nicht ausreichen. Vielmehr ist relevant, wer mich in diesem Studium geprägt hat und dabei bewusst oder unbewusst dazu beigetragen hat, wer ich heute bin. In den drei Jahren des dualen Systems waren es vor allem Menschen, die mir gezeigt haben, dass es von großer Bedeutung ist an sich selbst zu glauben. Meine Mentoren (namentlich an dieser Stelle besonders erwähnt Frau Prof. Dr. Coenen und Frau Arnold) haben mir aufgezeigt, dass es in dem Berufsfeld der sozialen Arbeit einem jedem bewusst sein sollte, dass die eigene psychische Resilienz ein stabiles Fundament bildet, um Menschen in Krisensituationen bedarfsgerecht helfen zu können. Diese Vorbilder an emotionaler Stärke haben mich auf dem Weg bestärkt, Menschen dabei zu unterstützen ihr Potential zu erkennen, anzunehmen und zu erweitern.
Was in Ihrer Zeit in Breitenbrunn hat Sie auf das Berufsleben vorbereitet?
Ich glaube, die Möglichkeit von Beginn an Theorie mit Praxis zu verknüpfen, ist als Hauptschwerpunkt in dieser Fragestellung zu nennen. Eine Verbindung theoretischer Inhalte mit praktikablen Arbeits-aufträgen war essentiell. Eine Vielzahl an theoretischen Grundgedanken könnte ich an dieser Stelle aufzählen. Die Fülle an Aufträgen, welche als Selbststudium oder Arbeitsauftrag zu erfüllen waren, bildeten die Grundlage für meinen beruflichen Charakter. Denn wer bereits im Studium lernt, Selbstorganisation zu leben und lösungsorientiert eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und Strategien zu entwickeln, ist in der Lage anderen Personen zu helfen, dies in ihrem Alltag zu tun.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie im dualen Studium?
Dual zu studieren, offeriert aus meiner Perspektive einen erheblichen Vorteil. Dennoch muss ich zunächst auf den Einwand verweisen, dass ich auf dem zweiten Bildungsweg studiert habe. Das duale System offeriert die Chance, in kurzer Dauer Berufserfahrung mit theoretischer Fundiertheit zu verknüpfen. Das wechselnde Model von theoretischen und praktischen Modulen ermöglicht die Erprobung und Festigung des wissenschaftlichen Grundcharakters in Verbundenheit mit praktischem Erleben und Ausprobieren. Der Theorie-Praxis-Transfer ermöglicht damit eine vielfältigere Lern-möglichkeit als es ein rein theoretisch fundiertes Studium leisten kann. Dabei ist allerdings zu bedenken (ich würde es nicht explizit als Nachteil betiteln), dass das theoretische Fundament dem eines rein theoriebezogenen Studiums gleicht und somit neben kumulierten Aufgabenkomplexen während der Theoriephasen auch eine Auseinandersetzung mit Materialen während der Praxisphasen fordert. Denn der Theoretische Input steht an Quantität dem eines Theoriestudiums nicht nach.
Was raten Sie den heutigen Studierenden im Hinblick auf das Studium und die Berufswahl?
„Great things never came from comfort zones“. Niemand ist zum/r Sozialpädagogen/in oder zum/r Sozialarbeiter*in geboren. Aber wer bereit ist sich permanent selbst zu reflektieren, sich selbst und die Gesellschaft zu hinterfragen, sich selbst zu verändern, hat den geeigneten Berufszweig gefunden. Dabei fehlerfreundlich auf andere Menschen zugehen zu wollen, mit dem Wunsch etwas für sie zu verändern, ist die Voraussetzung. Es ist kein Berufszweig, dessen Erfolge immer abseh- und berechenbar sind. Sie sind auch nicht zu verallgemeinern. Aber genau diese Individualität macht Soziale Arbeit zu einer erfüllenden Arbeit, welche zwar durch Höhen und Tiefen, Erfolge und Misserfolge gespickt ist, aber immer menschenorientiert und nachhaltig bleibt.
Was können Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Behalten Sie sich immer die Offenheit, mit der Sie das Studium begonnen haben und vergessen Sie nie, dass hinter jedem Menschen, mit dem Sie arbeiten werden, eine Biografie steht, die ihn ebenso zu dem gemacht hat, was er/sie ist, wie es Ihre bei Ihnen getan hat. Es gibt keine Patentrezepte, nur Fundamente. Dazu zählt Fehlerfreundlichkeit und Selbstreflexion.